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Tante Emma kannte ihre Kunden mit ihren Wünschen, Bedürfnissen und Vorstellungen noch persönlich. In der heutigen urbanen, schnelllebigen und mobilen Welt ist das so einfach gar nicht mehr möglich. Ohne die Erhebung von Kundendaten und einer sinnvollen Segmentierung des Kundenstammes ist Kundennähe und Kundenausrichtung für ein Unternehmen nur noch schwer möglich. Der Weg hin zu einer zielgerichteten Kundensegmentierung soll in diesem Beitrag kurz beleuchtet werden.
Kundenwissen damals und heute
Ja, ja, die guten alten Zeiten, mit treuen Stammkunden, die bei der Wahl ihres Dienstleisters oder der Einkaufsstätte meist regional eingeschränkt waren – das Wettbewerbsumfeld sieht heute bedeutend anders aus. Reichte es früher aufgrund des persönlichen Kontaktes eine Kundenkartei zu führen, sind heute umfangreiche Customer Relation Management (CRM)-Programme in vielen Branchen etabliert. Über die Möglichkeit eines Kredites (anschreiben zu lassen) entscheidet nicht mehr allein die persönliche Erfahrung des Geschäftsinhabers. Eine Vielzahl von Informationen kann zur Beurteilung des jeweiligen Kreditrisikos herangezogen werden. Eine Sichtweise auf die bestehenden einzelnen Kunden ist allerdings sehr ausufernd und zeitgleich kann es passieren, dass potentielle Kunden nicht ausreichend erfasst werden.
Die Kunden sind informiert, mobil und haben stark ausgeprägte, unterschiedliche Bedürfnisse und Ansprüche, die sie an unterschiedlichen Orten und auf unterschiedlichen Kanälen äußern. Die Anzahl der heute zur Verfügung stehenden Informationsquellen über das Verhalten potentieller Kunden offeriert neue, ungeahnte Einblicke, die genutzt werden sollten. Diese Daten sinnvoll zu erfassen und handhabbar aufzubereiten ist die große Herausforderung.
Was wird unter Kundensegmentierung verstanden?
Eine Kundensegmentierung fußt auf den spezifischen Kundeninformationen, die bereits verfügbar sind oder noch ermittelt werden. Die Kunden werden dabei nach bestimmten gemeinsamen Merkmalen sortiert (→ Homogenität). Der Begriff Kundensegmentierung wird in der derzeit verfügbaren Literatur unterschiedlich ausgelegt.
Differenzierung: Marktsegmentierung vs. Kundensegmentierung
- Bei der Marktsegmentierung erfolgt die Unterteilung eines Marktes in homogene Gruppen. Es wird u.a. angestrebt herauszufinden, welche Marktsegmente für neue Produkte oder Dienstleistungen geeignet sind.1 Im Bereich Konsumgüter konzentriert sich eine Marktsegmentierung dabei auf die potenziell zukünftigen Kunden eines Unternehmens.
- Die Kundensegmentierung hingegen konzentriert sich auf eine Segmentierung der bereits vorhandenen Kunden (→Ist-Kunden) in jedoch ebenfalls homogene Gruppen.
Welche Ziele verfolgen Unternehmen mit einer Segmentierung von Kunden?
Eine Segmentierung von Kunden ermöglicht es Unternehmen, die jeweiligen Marketing- und Vertriebsaktivitäten spezifischer auf die ausgewählten Kundenzielgruppen auszurichten bzw. abzustimmen. Weiter können die in den Kunden liegenden Potenziale für das Unternehmen ermittelt und aufgedeckt werden. Insbesondere können diese bezüglich ihrer jeweiligen Profitabilität hin bestimmt werden. Außerdem hilft eine Segmentierung dabei, Kundenbedürfnisse besser zu identifizieren und die zu entwickelnden eigenen Produkte oder Dienstleistungen (noch) mehr auf die Bedürfnisse von Kunden abzustimmen. Was in der heutigen Wirtschaftswelt essenziell ist, damit ein Produkt während des Entwicklungsprozesses nicht an den Bedürfnissen der Kunden vorbei entwickelt wird. Werden die Bedürfnisse der Kunden nicht bedient, wird das Produkt auf dem Markt nur schwer Absatz finden.
Die Qualität von Kundendaten und deren Verwaltungsart sind zwei Erfolgsfaktoren bei einer Kundensegmentierung, da die Kundendaten die Basis für die späteren Analysen darstellen. In einem Whitepaper2 von Deloitte wiesen befragte Entscheider darauf hin, dass zukünftig besonders zentrale Data Warehouses gefragt seien. Mit einer zentralen Speicherung gelingt es besser eine Kundensegmentierung mit aktuellen Daten zu vollziehen. Für den Alltag im Geschäftsleben sind aktuelle Informationen als Arbeits- und Entscheidungsgrundlage erfolgsentscheidend.
Gründe für eine Kundensegmentierung
Neben der operativen Steuerung von Geschäftsprozessen, wie zum Beispiel der Festlegung von Zahlungsmöglichkeiten ergibt sich ein weiteres wichtiges Feld, das für eine Kundensegmentierung spricht. Um Kundenanforderungen gerecht zu werden, muss man den Markt kennen, Kundenbedürfnisse herausarbeiten und potenzielle Käufer bzw. Interessenten zielgerichtet ansprechen. Durch die zunehmende Mobilität der Kunden ist das Marketing nicht nur auf die „Laufkundschaft“ vor Ort auszurichten. Das erhöhte Kunden-Einzugsgebiet durch die Chancen der digitalen Welt und die Möglichkeiten weitere Informationsquellen zu nutzen, empfiehlt die Erarbeitung einer Kundensegmentierung.
Bestehende Kundeninformationssysteme und technische Entwicklungen ermöglichen eine kundenindividualisierte, personalisierte Ansprache. Dadurch kann die „Trefferquote“ durch spezifische Marketingaktionen erhöht werden. Das heißt, die potentiellen Kunden bekommen für sie relevante Informationen zum richtigen Zeitpunkt über den richtigen Kanal.
Ein one fits all – Marketingansatz ist meist nicht mehr ausreichend. Die unterschiedlichen Kundenbedürfnisse und der erhöhte Wettbewerbsdruck erzwingen eine individuelle Kundenansprache, um Ihre Angebote bestmöglich vorzustellen und aus Interessenten Käufer zu machen. So ist es möglich den Einsatz von Marketingaktivitäten auch unter Wirtschaftlichkeitsaspekten zielgerichtet umzusetzen. Verwenden Sie Ihr Marketingbudget zielgerichtet und vermeiden Sie Streuverluste.
Warum ist eine Aufteilung in Kundensegmente sinnvoll?
Mit einer Kundensegmentierung können das Kundenverständnis verbessert und die Kundenbindungen gefördert werden. Weiter lassen sich dank ihr die vorhandenen Kapazitäten eines Unternehmens (z.B. besonders die der Vertriebsabteilung) gezielter und effizienter beim Kunden einsetzen. Aber vor allem: Für Unternehmen wurde es in den letzten Jahren immer wichtiger, flexibel auf die sich rasch wandelnden Bedürfnisse der Kunden in der modernen, globalen Wirtschaftswelt reagieren und eingehen zu können. Mehr Kundenzentrierung ist daher in vielen Geschäftsfeldern ein wettbewerbsrelevanter Erfolgsfaktor geworden. Die aus einer Kundensegmentierung gewonnenen Erkenntnisse sind u. a. wichtige Grundlage für Maßnahmen, die auf mehr Kundenzentrierung abzielen.
Mit der Aufteilung der Kunden in unterschiedliche Segmente kann folgende interessante Fragestellung besser nachgegangen werden: Welches (Gewinn-)Potenzial haben die bereits vorhandenen Kunden (→ Ist-Kunden) für unser Unternehmen? Eine Einteilung in (homogene) Gruppen gestaltet es zudem übersichtlicher. Es stellt sich nun die Frage: Was hindert Unternehmen daran eine erfolgreiche Kundensegmentierung zu realisieren? Hindernisse sind dabei besonders auf technischer und organisationaler Ebene anzutreffen.
Welche Faktoren können eine erfolgreiche Kundensegmentierung erschweren?3
Häufige technische Hindernisse in der (Unternehmens-)Praxis:
- Die Qualität der Daten ist nicht ausreichend genug.
- Die vorhandene IT-Infrastruktur im Unternehmen ist heterogen aufgestellt.
- Es sind dezentrale Systeme vorhanden, die untereinander nicht miteinander kommunizieren (Verknüpfungen bzw. Interfaces fehlen).
- Mitarbeiter verfügen über nicht genügend technische Kenntnis für eine Realisierung.
Häufige Hindernisse auf organisationaler Ebene:
- Es ist intern (noch) unklar, inwiefern sich eine Kundensegmentierung wirtschaftlich lohnt.
- Mitarbeiter und Management zeigen mangelndes Engagement bzgl. einer Umsetzung.
- Nicht ausreichende Kommunikation unter den Beteiligten.
Grundlagen der Kundensegmentierung
Als Basis für eine Kundensegmentierung werden unterschiedliche Merkmale in ihren Ausprägungen herangezogen. Dies können verhaltensorientierte (z.B. Preisorientierung), sozio-demografische, regionale oder auch psychografische (z.B. Werte, Einstellungen) Merkmale sein. Wichtig ist zudem die Klärung, ob Endkonsumenten oder Geschäftskunden betrachtet werden sollen.
Im Geschäftskundenbereich können mehrere Personen für eine Kaufentscheidung verantwortlich sein. Unter der Vielzahl von möglichen Merkmalen sind hier diese zu wählen, die den Grund für die Kaufentscheidung am besten beschreiben. Oft werden Rahmenbedingungen wie Branche, Standort oder Unternehmensgröße, operative Merkmale (z.B. logistische Anbindung) oder Beschaffungskriterien herangezogen. Ein umfangreiches Wissen über die bestehenden Kunden erleichtern die Kundensegmentierung und die Identifizierung der „wertvollen“ Kundengruppen. Die Segmentierung ermöglicht so eine Fokussierung auf die werttreibenden Kundengruppen durch eine zielgerichtete Marketingausrichtung. Diese wichtigen Kundendaten können im stationären Handel zum Beispiel über den Einsatz einer Kundenkarte erhoben werden. Diese bietet die Möglichkeit, Kunden neben der Beurteilung ihres Einkaufsverhaltens durch die Anreicherung mit weiteren spezifischen Daten, wie z.B. Wohnort, Geburtsdatum etc. näher kennenzulernen und besser ansprechen zu können.
Im Online-Handel stellt sich die Herausforderung der Erhebung der Kundendaten etwas einfacher dar, da meist über Kundenkonten das Kaufverhalten erfasst und weitere Daten, wie z.B. die Lieferadresse automatisch erfasst werden. Der Aufwand einer zusätzlichen Erhebung und Aktivierung der Kundenbereitschaft zur Teilung dieser Daten entfällt. Aber auch bei fehlenden internen Daten, wenn zum Beispiel neue potentielle Kundengruppen identifiziert und erschlossen werden sollen, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten der Kundensegmentierung. In der Marktforschung wurde eine Vielzahl an Modellen entwickelt, die sozio-demografische und verhaltensorientierte Merkmale in den Mittelpunkt stellen.
Die linke Abbildung stellt die Sinus-Milieus dar. Es werden die zwei Dimensionen „soziale Lage“, (z.B. Mittelschicht), und die „Grundorientierung“, (z.B. Tradition), verwendet. Innerhalb dieser Parameter werden in einem Diagramm unter Berücksichtigung weiterer sozio-demografischer Variablen und Einstellungen Kundencluster (Milieus) gebildet. Stand 2018 werden für Deutschland zehn unterschiedliche Milieus unterschieden, z.B. Konservativ-Etablierte oder auch Adaptiv-Pragmatische. Die Milieus werden kontinuierlich den sich wandelnden sozio-kulturellen, gesellschaftlichen Gegebenheiten angepasst und bieten dadurch einen guten Ansatzpunkt für eine erste Kundenclusterung.
Interessant sind auch die digitalen Sinus-Milieus, eine Adaption des ursprünglichen Ansatzes auf die Welt der Internetnutzer. Gerade für Online-Kampagnen oder Kommunikationsneulinge im Bereich der digitalen Welt (Stichwort Social Media) bieten sich hier sehr wertvolle Ansätze zur Klärung der Zielgruppe und der entsprechenden Marketing-Anpassung.
Was sind die grundlegendsten Kundenbedürfnisse?
Die Bedürfnisse von Kunden zu erkennen und sich flexibel auf sie einzustellen ist für Unternehmen heutzutage von zentraler Bedeutung.4 Es existiert in der Fachliteratur die sog. „Buyer Utility Map“, die Kundenbedürfnisse in folgende grundlegende Arten unterteilt:
- Produktivität (Anm.: Grad der Nützlichkeit des Produkts bzgl. der Umsetzung des Kundenvorhabens – wie produktiv ist das Produkt dabei seinen Nutzen zu erfüllen?).
- Beispiel: Ein Arbeitsspeicher weist eine hohe Leistungsfähigkeit auf.
- Einfachheit (Anm.: Schnelle Zugänglichkeit zum Produkt – Ist die Nutzung für den Kunden machbar ohne große Erklärungen oder Vorbereitungen?).
- Beispiel: Die Nutzung eines neuen IT-Gerätes ist selbsterklärend und der Kunde muss dafür nicht extra eine Bedienungsanleitung studieren.
- Bequemlichkeit (Anm.: Ist das Produkt angenehm und einfach zu erwerben?).
- Beispiel: In dem Online-Shop eines Versandhandels kann das Produkt mit nur wenigen Mausaktionen gekauft werden.
- Risiko (Anm.: Ist der Kauf eines Produktes für den Kunden mit Risiken oder gar Gefahren verbunden?).
- Beispiel: Die Risiken, die mit dem Abschluss eines Kfz-Versicherungsvertrages einhergehen, sind überschaubar für den Kunden im Vertrag aufgeführt.
- Spaß und Image (Anm.: Zwei verschiedene Punkte: 1. Wie sehr bereitet das Produkt dem Kunden „Spaß“ oder nicht? Und 2. kann das Produkt vom Kunden für eine Steigerung des persönlichen Images eingesetzt werden?).
- Beispiel: Zu 1.: Der Erwerb eines Yoyos für das Freizeitvergnügen; zu 2.: Der Erwerb eines Fahrzeugs im Premiumsegment.
- Umweltfreundlichkeit (Anm.: Wie umweltfreundlich ist die Nutzung des Produkts?).
- Beispiel: Der erworbene Laptop verbraucht nur wenig Strom.
Neben diesen Grundbedürfnissen können Kundenbedürfnisse noch explizit hinsichtlich ihres Nutzens unterteilt werden. Und zwar in Eigenschafts- (Qualität und Leistungsfähigkeit des Produkts) und Verfügungsnutzen, sprich inwiefern das Produkt logistisch zur Verfügung gestellt wird.
Vorgehen bei der Kundensegmentierung
Festlegung der Zielgruppe und Definition der Merkmale
Je nach der zugrundeliegenden Marketing-Zielrichtung müssen Sie für die jeweilige Aufgabe definieren, welche Gruppe beziehungsweise Unternehmen für Sie relevant sind. Arbeiten Sie an einer Produktneuentwicklung oder wollen Sie werblich in Erscheinung treten?
Welche Merkmale beschreiben Ihre Zielkundengruppe? Wodurch wird das Kaufverhalten der potentiellen Kunden beeinflusst? Auch bei Unternehmen wird die Entscheidung von Menschen getroffen. Versuchen Sie die Beeinflussungsgrößen für die Kaufentscheidung (von sozio-demografischen Größen bis hin zu regionalen oder operativen Einflüssen) genau herauszuarbeiten.
Bildung von Segmenten
Nun geht es darum, mit Hilfe der Marktforschung die gewünschten Kriterien und Besonderheiten innerhalb Ihrer Zielgruppe abzuprüfen. Definieren Sie mit Hilfe der Nutzung statistischer Methoden (multivariate Analysemethoden, Clusteranalyse) Kundengruppen/ Segmente, bei denen die von Ihnen definierte Merkmalsausprägung möglichst homogen vorliegt. Wichtig ist eine klare Abgrenzung zu den restlichen Kundensegmenten, um später eine zielgerichtete Marketingkampagne entwickeln zu können.
Je genauer Sie Ihre definierten Kundensegmente beschreiben, inklusive z.B. zu Grunde liegender Einstellungen und Interessen, desto besser kann mit den Segmenten gearbeitet werden. Ein klares und einfach zu kommunizierendes Bild der Kunden hilft allen beteiligten Abteilungen und Dienstleistern zielgerichtet die richtigen Angebote und die passende Kundenansprache zu finden.
Beschreibung und Bearbeitung der Kundensegmente
Oft werden hierfür Personas genutzt. Personas sind im Marketingbereich fiktive Vertreter für das entsprechende Kundensegment, die exemplarisch für die Kundengruppe stehen. Sie helfen ein allgemein gültiges Verständnis zu schaffen. Durch die Verwendung von Bildern, der Personalisierung durch die Vergabe von Namen und der ausführlichen Beschreibung der zu Grunde liegenden Merkmale, wie Familienstand, Hobbies, fachlicher Hintergrund, Basis für Kauf-Entscheidungen etc. wird die Kundengruppe greifbar. Es wird sozusagen ein „künstlicher Vertreter“ geschaffen, der die Hauptmerkmale des Segments in sich vereint.
Nach dieser Einteilung können jetzt spezifische Marketingaktionen geplant werden. Das können für die unterschiedlichen Segmente die Wahl unterschiedlicher Kommunikationswege und Mittel sein, unterschiedliche Preisangebote, Aktivitäten oder ein unterschiedlicher Produktfokus sein. Wie eine Kundensegmentierung beispielhaft aussehen kann, wird im nächsten Kapitel vorgestellt.
Beispiele für unterschiedliche Segmentierungen
Bestandskunden
Eine Bestandskundensegmentierung kann helfen weitere Umsatzpotentiale zu heben, einer Kundenabwanderung entgegenzutreten und Kundenloyalität zu erhöhen. Nicht zu vergessen ist, dass die Weiterempfehlungsrate von Kunden von bevorzugten Anbietern mehr als doppelt so hoch ist (57%) im Vergleich zu nur sporadisch kaufenden Kunden (27%). Dies wurde unter anderem bereits bei der Studie Excellence Barometer 2009 herausgearbeitet.
Oft wird eine Kombination aus Produkt-, Kanal-, Marken- und Service-Affinität herangezogen. Wenn man Kunden, die eine bestimmte Marke bevorzugen und online-affin sind clustert, kann man diese zum Beispiel gesondert über eine Produktneueinführung mit einem Sondernewsletter informieren. Neben der Wertschätzung, die auf die Kundenloyalität einzahlt, ist die Wahrscheinlichkeit der Kaufaktivierung durch den passenden Content gesteigert. Primär wird also der Markt nach Kunden mit ähnlichen Bedürfnissen und Erwartungen in Zielgruppen aufgeteilt. In sich ist die Kundengruppe möglichst homogen und grenzt sich klar von den anderen, definierten Gruppen ab. Natürlich sollte die Zielgruppe aber groß genug sein, um sie auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll bearbeiten zu können. Ergänzen kann man diese Kundensegmentierung um weitere demographische Daten, wie zum Beispiel dem Alter. Dies kann natürlich auch vortrefflich für Potentialkunden angewandt werden.
Potentielle Kunden
Vor allem bei Interessenten, bei denen Erfahrungswerte aufgrund fehlender bisheriger Transaktionsbeziehungen wichtige Segmentierungsdaten fehlen, werden oft die bereits erwähnten sozio-demografischen Daten herangezogen. Eine mögliche Anwendung wäre zum Beispiel die Kanalaffinität und das Alter. Mit dem Begriff der Silver Surfer wird die Zielgruppe der online-affinen älteren Semester umschrieben, die über eine hohe Kaufkraft verfügen. Eine passende Ansprache und Angebotserstellung macht hier durchaus Sinn. Spezifische und klar kommunizierte Werteversprechen helfen dieses profitable Segment marketingtechnisch zu bearbeiten.
Nicht zu vergessen sind trotz der zunehmenden Mobilität auch die regionalen Merkmale zu betrachten. Neben der auch im Netz aussteuerbaren, adressbasierten Anzeigensteuerung können Sie auch durch den lokalen Content-Bezug Kundenloyalität steigern. Viele Unternehmen punkten über die für eine Großzahl der Kunden wichtigen regionalen Nähe und Qualitätsversprechen. Nicht umsonst gibt es Siegel, wie „aus der Region“ oder Slogans, wie „wir können alles außer Hochdeutsch“. Ich möchte hier nochmals auf die digitalen Sinus-Milieus verweisen. Sind die potentiellen Kunden für ihre Produkte oder Dienstleistungen identifiziert, ergeben sich daraus auch automatisch bestimmte Kanal- und Kommunikationspräferenzen. Eine ältere Kundengruppe können Sie eventuell gut über Facebook erreichen, wo hingegen andere Zielgruppen über andere Messenger-Dienstleister, wie WhatsApp, Snapchat oder Plattformen, wie Instagram oder Pinterest besser ansprechbar sind.
Personas
Die Nutzung von Personas innerhalb eines Unternehmens hilft, die eigenen Produkte und Dienstleistungen noch mehr an den Bedürfnissen und Erwartungen der Kunden auszurichten. Durch die Verwendung von Namen und Bildern wird die Zielkundengruppe für alle Unternehmensbereiche klarer und greifbarer und kann einfacher intern kommuniziert werden. Bei einem Arzt hat jeder sofort einen Weißkittel vor dem inneren Auge – Personas helfen, diese Klarheit auch bei denen von Ihnen definierten Kundengruppen zu schaffen.
Bei der Erstellung eines Personas wird ein genaues Bild eines typischen Vertreters der Zielgruppe gezeichnet. Neben der Frage, wer ist diese Person, sollten auch die Themen in welchem Lebensumfeld bewegt sich diese Person, wie werden Kaufentscheidungen getroffen und der Grund bzw. die Beweggründe für das Verhalten, also im besten Fall der Kauf, beleuchtet werden. Dadurch wird für alle Beteiligten im Unternehmen ein klares Bild gezeichnet, welche Zielkunden man im Blick hat. Durch diese Fokussierung werden Streuverluste durch unterschiedliche Interpretationen vermieden und das Unternehmen kann sich authentisch einer Kundengruppe zuwenden.
Die Herausforderungen bestehen in der Auswahl der spezifischen, relevanten Merkmale, die einen Vertreter der Kundengruppe beschreiben. Achten Sie darauf nicht zu viele unterschiedliche Personas zu erstellen. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Hauptkundengruppen mit den wichtigsten Motivationen, Erwartungen und Eigenschaften. Neben Location, Alter, Familiensituation, Geschlecht, Nettohaushaltseinkommen, Werten, Einstellungen, Zielen können auch bisherige Erfahrungen, Kaufanlässe oder Restriktionen beschrieben werden. Vergeben Sie fiktive Namen, Job-Titel und ordnen Sie der Person ein Foto zu, um das Persona abzurunden.
Weiterführend: Praxisbeispiele für die Identifizierung von Kundengruppen und anschließender Segmentierung
Jetzt stellt sich die praktische Frage: Auf welche Weise könnte eine Segmentierung von Kunden in der Praxis erfolgen?5
Im Folgenden finden Sie zwei exemplarische Anwendungsfälle aus der Unternehmenspraxis:
1. Anwendungsfall: Einteilung der Kunden in unterschiedliche Kundengruppen anhand ihrer ermittelten Zufriedenheit
Bei dem ersten Anwendungsfall dreht sich alles um die Zufriedenheit der Kunden eines Hotels. Üblicherweise werden die Kunden hier mittels eines Fragebogens befragt, inwieweit sie mit den unterschiedlichen Angebotsleistungen des Hauses zufrieden seien. Eine Bewertung erfolgt über Rating-Skalen.
Fangfrage hier: Wie zufrieden sind die Kunden?
Wurde dies über die Fragebögen erfasst, können die Kunden in unterschiedliche „Zufriedenheitstypen“ eingeteilt werden. Die eigenen Marketingaktivitäten könnten sodann im weiteren Verlauf auf die jeweilig unterschiedlich zufriedenen Kundensegmente zugeschnitten werden.
Was spricht gegen diesen Anwendungsfall?
Die Analyse und Bearbeitung dieser Segmente würde sich aber womöglich nicht als Zweck erfüllend erweisen, da in solchen Fragebögen in der Praxis kaum oder keine soziodemografischen (z.B. Alter, Einkommen), verhaltensorientierten und psychografischen (z.B. Lebensstil) Merkmale abgefragt würden. Diese geben kaum Informationen für eine Segmentbeschreibung. Sind nur wenige solcher Merkmale verfügbar, so lassen sich mit diesen allenfalls einfache a-priori-Segmentierungen in diesem Zusammenhang realisieren. Wird eine Segmentierung auf psychografischen Merkmalen angestrebt, so würden dafür in diesem Fall wahrscheinlich lediglich Informationen zu Verhaltensabsichten vorhanden sein (z. B. Information zur Antwort auf die Frage „werden Sie unser Hotel weiterempfehlen?“).
2. Anwendungsfall: Segmentbildung anhand von Market-Codes in der Hotelbranche
Um noch einmal Bezug zu nehmen zur Hotelbranche: Die unterschiedlichen Market-Codes können ebenfalls als Merkmal für eine Segmentbildung herangezogen werden und sind von den Hotels meist schon vorher festgelegt. Market-Codes definieren in der Hotelbranche die Art des Kunden und werden den Kunden bereits bei der Reservierung (vom Personal) am Computer zugewiesen (a-priori-Segmentierung).
Ausblick
Eine klare Kundensegmentierung unterstützt bei der strategischen und operativen Ausrichtung des Unternehmens. Einzelne Produktkategorien oder Dienstleistungen können mit Hilfe von Kundensegmentierung zielgerichtet entwickelt werden. Als Beispiel ist hier die Mode-Branche zu nennen, in der die zukünftige Kollektionsplanung bzw. Sortimentsgestaltung zielgerichtet auf vorher definierte Kundengruppen ausgerichtet ist.
Durch technische Weiterentwicklungen zieht sich diese Kundenfokussierung entlang der gesamten Wertschöpfungskette über alle Touchpoints mit dem Kunden hinweg. Die auf den Kunden zugeschnittene Kommunikation findet sich in der Newsletter-Kommunikation, dank Login-Daten oder entsprechendes Tracking auf der Website, bis in der Aussteuerung von Werbeanzeigen beim Store-Besuch, z.B. über den Einsatz von sogenannten Beacons wieder. Der Kunde wird über sein Smartphone „erkannt“ und kann mit passendem Content und Angeboten angesprochen werden. Die Erhebung, Speicherung und Anreicherung von Kundendaten durch Kombination verschiedenster Informationsquellen und die professionelle Nutzung dieser Daten ist die große Herausforderung heutiger Anbieter. Das „Kundenwissen“ ist das wertvolle Gut, das es zu Nutzen und zu Monetarisieren gilt.
Loyale Kunden muss man sich erarbeiten. Sie wollen wertgeschätzt und mit ihren spezifischen Anforderungen wahrgenommen werden. Durch die kanalübergreifende Aggregation der Kundendaten begleiten Sie den Kunden über alle Touchpoints hinweg. Durch den beschriebenen Einsatz von Personas können Sie relevante Kundenkontaktpunkte klar identifizieren und durch intelligenten Technik-Einsatz gleichzeitig wichtige, weitere Kundendaten erheben. Über angebundene Kassensysteme können im Store speziell auf den Kunden ausgesteuerte Gutscheine auf den Kassenbon aufgedruckt werden oder auch direkt auf eine vernetzte App geladen werden. Die Relevanz dieser Coupons wird über die Analyse des Kaufverhaltens und des aktuellen Warenkorbs des Kunden im Abgleich mit aktuellen Angeboten geschaffen. Das Ganze kann natürlich mit einer Punkte-Sammelfunktion oder bestenfalls mit einem emotionalen Faktor verknüpft werden. Als Stichwort wäre hier Gamification zu nennen. Um eine langfristige Kundenbindung aufzubauen, muss neben den monetären Ansätzen vor allem auch die gefühlsmäßige Bindung erhöht werden. Auf Basis der Kundensegmentierung kann emotional bedeutsamer Content eingebunden werden (z.B. Nachhaltigkeit, Umweltbewusstsein) oder auch ganz profan der Spieltrieb angesprochen werden. Sammelpunkte zur Erreichung eines gewissen Kundenstatus mit dazugehörigem Kundenmehrwert z.B. in Form von Zusatzservices (Wegfall Versandkosten, verlängerte Garantie- / Gewährleistungsansprüche, bevorzugte Umtauschformalitäten, Preview-Optionen) können je nach Kundengruppe unterschiedlich eingesetzt werden bzw. das jeweilige Kundenverhalten incentivieren.
Zusammengefasst hilft eine Kundensegmentierung sich auf die für Sie wertvollen Kunden zu konzentrieren. Ihre Angebote können zielgerichtet gesteuert und die passende Kundenansprache über die richtigen Kanäle zur richtigen Zeit gewählt werden. Sie erlangen Klarheit über Ihre Bestandskunden und können sich zielgerichtet auf den Ausbau der werttreibenden Kundenbeziehungen fokussieren. Anonyme Schnäppchenjäger können kurzfristig für Umsatz sorgen, aber nachhaltigen Ertrag erwirtschaften Sie mit loyalen, langfristigen Fans Ihres Unternehmens. Diese gilt es zu identifizieren, zu halten und auszubauen.
Wir beraten Sie gerne. Kontaktieren Sie uns!
Verfasser: Lars Noack und DataLab. GmbH
Co-Autor: Eric Funke
Die DataLab. GmbH ist einer der führenden Dienstleister im Bereich Customer Equity im deutschsprachigen Raum. Das Unternehmensziel ist die messbare Steigerung des Customer Value in B2C-Märkten.
Quellenverzeichnis
1. Vgl. Freter, Hermann; Diller, Hermann (Hrsg.); Köhler, Richard (Hrsg.): Markt- und Kundensegmentierung. Kundenorientierte Markterfassung und -bearbeitung. W. Kohlhammer Verlag Stuttgart. 2008. 2. Auflage. S. 357.
2. Vgl. Deloitte: Segmentieren, um zu verstehen. Deloitte-Studie zu Praxis und Optimierungspotenzial der Kundensegmentierung. 2007. (https://www.crm-finder.ch/fileadmin/Daten/PDF/studien/Kundensegmentierung.pdf – abgerufen am 04.04.2019).
3. Vgl. ebd., S. 6 f.
4. Vgl. Kieviet, André: Lean Digital Transformation. Geschäftsmodelle transformieren, Kundenmehrwerte steigern und Effizienz erhöhen. Springer Gabler Verlag. S.23 ff.
5. Vgl. Dipl.-Kffr. Thom, Madlen: Marktsegmentierung im Tourismus. Identifikation der Nachfrage in Wissenschaft und Praxis am Beispiel der Hotelbranche. 2012. (http://rosdok.uni-rostock.de/file/rosdok_disshab_0000001009/rosdok_derivate_0000005117/Dissertation_Thom_2013.pdf – abgerufen am 04.04.2019). S. 141 ff., S. 148 f.
6. Vgl. SINUS-Institut – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, (https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=73156526 abgerufen am 07.05.2019).
Literaturverzeichnis
- Kieviet, André: Lean Digital Transformation. Geschäftsmodelle transformieren, Kundenmehrwerte steigern und Effizienz erhöhen. Springer Gabler Verlag.
- -Kffr. Thom, Madlen: Marktsegmentierung im Tourismus. Identifikation der Nachfrage in Wissenschaft und Praxis am Beispiel der Hotelbranche. 2012. (http://rosdok.uni-rostock.de/file/rosdok_disshab_0000001009/rosdok_derivate_0000005117/Dissertation_Thom_2013.pdf – abgerufen am 04.04.2019).
- Gutjahr, Daniel: Heterogene Systemlandschaften. November 2018. (https://www.talentrecruiters.com/heterogene-systemlandschaften/ – abgerufen am 04.04.2019).
- Freter, Hermann; Diller, Hermann (Hrsg.); Köhler, Richard (Hrsg.): Markt- und Kundensegmentierung. Kundenorientierte Markterfassung und -bearbeitung. W. Kohlhammer Verlag Stuttgart. 2008. 2. Auflage.
- Deloitte: Segmentieren um zu verstehen. Deloitte-Studie zu Praxis und Optimierungspotenzial der Kundensegmentierung. 2007. (https://www.crm-finder.ch/fileadmin/Daten/PDF/studien/Kundensegmentierung.pdf – abgerufen am 04.04.2019).
- Dr. Hoepner, Gert A.: Kundensegmentierung. 2019. (https://www.wirtschaftswiki.fh-aachen.de/index.php?title=Kundensegmentierung – abgerufen am 04.04.2019).
- Fleig, Jürgen: Kundensegmentierung. Vorgehen bei der Kundensegmentierung. Juni 2016. (https://www.business-wissen.de/hb/vorgehen-bei-der-kundensegmentierung/ – abgerufen am 04.04.2019).
- Diehl, Andreas: Personas erstellen – Kundensegmentierung im digitalen Zeitalter. (https://digitaleneuordnung.de/blog/personas-erstellen/ – abgerufen am 04.04.2019).